Aktiengesellschaften

Vertretung durch den Aufsichtsrat

Bei Geschäften einer Aktiengesellschaft mit Ein-Personen-Gesellschaften eines Vorstandsmitglieds vertritt der Aufsichtsrat die Aktiengesellschaft. Dies hat der BGH mit seiner Entscheidung vom 15.01.2019 (II ZR 392/17) entschieden. Bis zu dieser Entscheidung war umstritten, ob der Aufsichtsrat die Aktiengesellschaft nach dem strengen Wortlaut von § 112 S. 1 AktG nur bei Geschäften unmittelbar mit dem Vorstandsmitglied selbst vertritt, oder ob der Aufsichtsrat auch darüber hinaus bei Geschäften mit Gesellschaften, deren Anteile von einem Vorstandsmitglied gehalten werden, zur Vertretung der Aktiengesellschaft berufen ist.

Nach der Argumentation des BGH kann es keinen Unterschied machen, ob das Vorstandsmitglied einen Vertrag im eigenen Namen mit der Aktiengesellschaft abschließt, oder ob Vertragspartner der Aktiengesellschaft eine Gesellschaft ist, deren alleiniger Gesellschafter das Vorstandsmitglied ist.

Ob die Aktiengesellschaft auch dann vom Aufsichtsrat zu vertreten ist, wenn das Vorstandsmitglied nicht Alleingesellschafter der anderen Gesellschaft ist, sondern an ihr nur maßgeblich oder beherrschend beteiligt ist, hat der BGH im konkreten Fall offengelassen.

Allerdings hat der BGH auch argumentiert, die Vertretung der Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat sei erforderlich, wenn „aufgrund der gebotenen und typisierenden Betrachtung […] regelmäßig die abstrakte Gefahr einer nicht unbefangenen Vertretung der Gesellschaft vorhanden ist“.

Für die Praxis ergeben sich aus der Entscheidung folgende Empfehlungen:

  1. Vergangenheitsbezogen sollten Aktiengesellschaften überprüfen, ob sie bei Geschäften mit Gesellschaften von Vorstandsmitgliedern richtig vertreten wurden. Wird ein Vertretungsmangel festgestellt, sollte der Aufsichtsrat überprüfen, ob das Geschäft gewollt ist. Ggf. kann der Mangel durch Neuvornahme des Geschäfts geheilt werden. Der BGH hat offengelassen, ob eine nachträgliche Genehmigung zur Heilung ausreicht. Wenn irgend möglich sollte daher aus Sicherheitsgründen das Geschäft neu vorgenommen werden und eine wirtschaftliche Rückwirkung vereinbart werden, um Rechtssicherheit zu erlangen.
  2. Beim Abschluss von zukünftigen Geschäften mit Gesellschaften, an denen ein Vorstandsmitglied maßgeblich oder beherrschend beteiligt ist, sollte die Aktiengesellschaft auch durch den Aufsichtsrat vertreten werden. Aktiengesellschaften sollten Mechanismen vorsehen, wonach die Vorstandsmitglieder vor Abschluss eines entsprechenden Geschäfts mitteilen, dass sie maßgeblich oder beherrschend am Geschäftspartner beteiligt sind.
  3. Es ist angezeigt, dass sich die Aktiengesellschaft über die Gesellschafter des Vertragspartners informiert. Hierzu kann die Gesellschafterliste des Geschäftspartners oder ein Auszug aus dem Transparenzregister dienen. Möglicherweise ist die Vertretung der Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat auch dann erforderlich, wenn das Vorstandsmitglied nur über sämtliche Vermögens-, nicht aber auch über sämtliche Verwaltungsrechte verfügt.
  4. Die vorgenannten Grundsätze gelten auch, wenn die Personen noch nicht Vorstandsmitglieder sind, sondern erst zukünftig zum Vorstand bestellt werden sollen.