FEHLERHAFTE BESTELLUNG EINES BESONDEREN VERTRETERS

Werden Ansprüche gegen Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder geltend gemacht, kann die Hauptversammlung einen besonderen Vertreter bestellen. Die Grundsätze über die fehlerhafte Organbestellung sind auf den besonderen Vertreter anwendbar (BGH, U. v. 17.09.2024, II ZR 221/22). Dies gilt insbesondere für Vergütung und Haftung. Der Vorstand der Aktiengesellschaft kann die fehlerhafte Bestellung grundsätzlich nicht durch einseitige Erklärung beenden. Es bleibt die Möglichkeit, die Fehlerhaftigkeit im einstweiligen Rechtsschutz geltend zu machen und ein Tätigkeitsverbot zu erwirken.

KEINE WEITERLEITUNG BETRIEBLICHER E-MAILS AN PRIVATEN E-MAIL-ACCOUNT!

Vorstandsmitglieder dürfen betriebliche E-Mails nicht an ihren privaten E-Mail-Account weiterleiten. Tun sie das doch, setzen sie sich der Gefahr einer fristlosen Kündigung aus, die sogar u.U. ohne Abmahnung ausgesprochen werden kann, so das OLG München (U. v. 31.07.2024, 7 U 351/23). Als Rechtfertigungsgrund für eine solche Weiterleitung dient auch nicht die Umkehr der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Beachtung der Sorgfaltspflichten und hinsichtlich des Verschuldens.

VORSTANDSHAFTUNG WEGEN GESCHÄFTS OHNE SICHERHEITEN

Für den Bankensektor war seit langem klar, dass die Gewährung eines Kredits durch ein Vorstandsmitglied ohne ausreichende Sicherheiten eine Pflichtwidrigkeit darstellt. Das Landgericht München (U. v. 05.09.2024, 5 HKO 17452/21) wendet diese Maßstäbe auch außerhalb des Bankensektors an. Dies bedeutet ein erhebliches Haftungsrisiko für Vorstandsmitglieder, die Darlehen ohne ausreichende Sicherheiten ausreichen oder Geschäfte mit vergleichbarem Risiko tätigen. Die business judgement rule erfährt damit in der Praxis eine deutliche Einschränkung. Die Beweislastumkehr (wonach nicht die Gesellschaft, sondern das Vorstandsmitglied nachweisen muss, dass es seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen ist und es kein Verschulden trifft) gilt nach der Entscheidung des LG München auch für

Kommanditistenhaftung

(Un-)Beschränkte Haftung des Kommanditisten Summary Zukünftig dürfte es deutlich schwieriger werden, Ansprüche gegen Kommanditisten damit zu begründen, dass sie ihren Kommanditanteil vor Eintragung als Kommanditist im Handelsregister erworben hätten. Ausgangslage In der bisherigen M&A-Praxis wurde regelmäßig darauf geachtet, dass die Übertragung von Kommanditanteilen aufschiebend bedingt auf die Eintragung des neuen Kommanditisten im Handelsregister erfolgt. Grund hierfür war § 176 Abs. 2, 1 HGB, wonach ein Kommanditist unbeschränkt haftet, wenn er in eine bestehende Handelsgesellschaft eintritt, bevor er als Kommanditist im Handelsregister eingetragen ist. Ist die aufschiebende Bedingung (entgegen der üblichen Sorgfalt) nicht vereinbart worden, war dies regelmäßig ein Einfallstor (auch

22. August 2024|Corporate / M&A, Allgemein, Finance|

Datenraum

Aufklärungspflichten beim Immobilien- und Unternehmensverkauf Auch ungefragt hat der Verkäufer den Käufer über bestimmte Umstände aufzuklären. Nicht jeder Umstand, der für den Käufer nachteilig ist, muss ungefragt offenbart werden. Aufzuklären ist aber über solche Umstände, über die ein Käufer unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise eine Aufklärung erwarten darf. Das sind solche, die den Vertragszweck vereiteln können und daher für den Entschluss des Käufers von wesentlicher Bedeutung sein können. Nach dem Urteil des BGH vom 15.09.2023 (V ZR 77/22) darf ein verständiger und redlicher Verkäufer davon ausgehen, dass bei einer Besichtigung ohne weiteres erkennbare Mängel auch dem Käufer ins Auge springen

Sparkasse

Eintragung der Vereinigung von Sparkassen im Handelsregister  Verschmelzungen nach dem Umwandlungsgesetz werden im Handelsregister eingetragen. Am 19.09.2023 hat der BGH entschieden (II ZB 15/22), dass auch die Vereinigung von Sparkassen nach landesrechtlichen Regelungen im Handelsregister der aufnehmenden und der aufgenommenen Sparkasse einzutragen ist. Dies ergibt sich aus einer Analogie zu §§ 33, 34 Abs. 1 HGB. Der Rechtsverkehr soll sich im Handelsregister als zentralem Publizitäts- und Informationsinstrument auch über die Rechtsverhältnisse der Sparkassen informieren können.

4. März 2024|Corporate / M&A|

Geschäftsführer, Vorstände, Aufsichtsräte

In stabilen Zeiten interessieren Haftungsinstrumentarien für Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte („Geschäftsleiter“) kaum. Im Grundsatz billigt das Gesetz den Geschäftsleitern einen weiten Entscheidungsspielraum zu. Sobald ein Unternehmen auf turbulente Zeiten zusteuert, müssen Geschäftsleiter immer ihre persönliche Haftung im Blick haben und vermeiden. Sobald die Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsleiter einen durch eine (mögliche) Pflichtverletzung hervorgerufenen Schaden darlegt und beweist, ist es am Geschäftsleiter, darzulegen und zu beweisen, dass er nicht pflichtwidrig und nicht schuldhaft gehandelt hat. Diese Beweislastumkehr bringt unvorbereitete Geschäftsleiter in der Praxis häufig in erhebliche Erklärungsnot. Geschäftsleiter sollten daher ihre Entscheidungen genau dokumentieren. Die Dokumentation gewinnt an Wichtigkeit, je länger

17. März 2020|Corporate / M&A|

CORONA – COVID 19 – SARS COV 2

Die Auswirkungen der Epidemie zeitigen schon jetzt für Unternehmen enorme Herausforderungen. Die bisher geleisteten organisatorischen Anstrengungen zum Schutz von Mitarbeitern und Geschäftspartnern waren bereits immens. Die Schutzmaßnahmen verlangen ein hohes Maß an Flexibilität ab.   Für Unternehmen stellen sich häufig folgende Fragen: Kann sich ein Vertragspartner auf vertraglich fixierte Fristen berufen oder müssen Fristverschiebungen hingenommen werden? Können Werk- oder Lieferverträge ganz oder teilweise gekündigt oder anderweitig beendet werden? Welche Leistungen müssen nachgeholt werden? Gelten Sonderregelungen für die fristlose Kündigung von Miet- und Pachtverträgen? Unter welchen Voraussetzungen können Schadensersatzansprüche entstehen? Sind Vertragspartnern vergebliche Aufwendungen, d.h. Aufwendungen, die im Vertrauen auf die

Anwachsung

Haftungsbeschränkung bei Anwachsung   Dass das Vermögen einer Gesellschaft nach Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters dem zuletzt verbleibenden Gesellschafter anwächst, ist jüngst mehrfach Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen gewesen. Das BAG (B. v. 28.02.2019, 10 AZB 44/18) hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem die Komplementärin einer GmbH & Co. KG aufgrund Vermögenslosigkeit gelöscht worden war. Dies führte zur Anwachsung des Vermögens der Gesellschaft auf den letzten verbleibenden Gesellschafter mit der Besonderheit, dass der ehemalige Kommanditist für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur mit dem ihm zugefallenen Gesellschaftsvermögen haftet.   Folgerungen für die Praxis: Die Entscheidung des BAG ist interessengerecht. Das Ausscheiden des

7. August 2019|Corporate / M&A|

Vertretung durch Aufsichtsrat

Aktiengesellschaften Vertretung durch den Aufsichtsrat Bei Geschäften einer Aktiengesellschaft mit Ein-Personen-Gesellschaften eines Vorstandsmitglieds vertritt der Aufsichtsrat die Aktiengesellschaft. Dies hat der BGH mit seiner Entscheidung vom 15.01.2019 (II ZR 392/17) entschieden. Bis zu dieser Entscheidung war umstritten, ob der Aufsichtsrat die Aktiengesellschaft nach dem strengen Wortlaut von § 112 S. 1 AktG nur bei Geschäften unmittelbar mit dem Vorstandsmitglied selbst vertritt, oder ob der Aufsichtsrat auch darüber hinaus bei Geschäften mit Gesellschaften, deren Anteile von einem Vorstandsmitglied gehalten werden, zur Vertretung der Aktiengesellschaft berufen ist. Nach der Argumentation des BGH kann es keinen Unterschied machen, ob das Vorstandsmitglied einen Vertrag

17. Mai 2019|Corporate / M&A|