Tagesordnungsergänzungsverlangen

Das OLG Frankfurt entschied mit Urteil vom 19.06.2017 über einen Hauptversammlungsbeschluss, dem Folgendes vorausgegangen war:

Die Einladung zur Hauptversammlung der Gesellschaft, deren Aktien im Freiverkehr gehandelt werden, verwies auf eine Satzungsbestimmung, wonach sich der Nachweis der Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung auf den für börsennotierte Gesellschaften gesetzlich bestimmten Zeitpunkt (record date) zu beziehen habe.

Zwei Tage nach dem record date veröffentlichte die Gesellschaft ein Verlangen der Mehrheitsgesellschafterin auf Ergänzung der Tagesordnung. Der Vorstandsvorsitze der Mehrheitsgesellschafterin war gleichzeitig Aufsichtsratsmitglied der Gesellschaft.

Auf der Hauptversammlung wurde der Beschluss mit einer Mehrheit von 85,27% gefasst.

Die Vorinstanz gab der gegen den Beschluss gerichteten Klage statt: Das Tagesordnungsergänzungsverlangen müsse spätestens bis zum record date bekannt gemacht werden, damit ein Aktionär ggf. durch Aufstockung seines Stimmenanteils auf das Ergänzungsverlangen reagieren könne.

Diese Auffassung hielt das OLG Frankfurt nicht aufrecht. Zwar habe eine Bekanntmachung unverzüglich zu erfolgen, das record date stelle jedoch keine zeitliche Grenze hierfür dar. Die Aktionärsrechterichtlinie ändere daran nichts, denn sie betreffe ausschließlich börsennotierte Unternehmen. Bei börsennotierten Unternehmen liege der Anmeldeschluss für das Ergänzungsverlangen immerhin 30 Tage vor der Hauptversammlung. Diese Frist erlaube es dem Vorstand in eine Prüfung des Ergänzungsverlangens einzutreten und dieses vor dem record date zu veröffentlichen. Bei nicht börsennotierten Gesellschaften sei eine Anmeldung eines Ergänzungsverlangens noch 24 Tage vor der Hauptversammlung möglich. Müsse das Ergänzungsverlangen vor dem record date bekannt gemacht werden, bliebe der Gesellschaft unter Berücksichtigung der Vorlaufzeit beim Bundesanzeiger nur ein Tag für die Prüfung des Ergänzungsverlangens und der Fassung eines Gremienbeschlusses. Da diese Zeit unangemessen kurz sei, könne das record date keine zeitliche Grenze darstellen.

Bei dieser Gelegenheit stellte das OLG Frankfurt klar, dass eine Tagesordnungsergänzung auch von Mehrheitsgesellschaftern verlangt werden kann. Das von den Aktionären vorgebrachte Argument, wegen der Personalunion zwischen dem Vorstandsvorsitzenden der Mehrheitsgesellschafterin und dem Aufsichtsratsmitglied handele es sich de facto um eine Ergänzung der Tagesordnung durch die Verwaltung, griff nicht durch.