Unternehmen anspruchsberechtigt: Versicherungsnehmer kann Ansprüche geltend machen, wenn versicherte Person sie nicht geltend macht

Die Versicherungsbedingungen im vom BGH am 05.04.2017 entschiedenen Fall (IV ZR 360/15) sahen vor, dass grundsätzlich nur die versicherten Personen Anspruch auf Versicherungsschutz geltend machen könnten. Die versicherten Personen machten indes gegenüber dem Versicherer keine Deckungsansprüche geltend. Vielmehr war es die Aktiengesellschaft als Versicherungsnehmer, die vom Versicherer Versicherungsschutz verlangte.

In der Vorinstanz ging noch das OLG München davon aus, dass es irrelevant sei, ob es aus ökonomischer Sicht sinnvoll sei, dem Versicherungsnehmer die direkte Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Versicherer zu untersagen, da dies keine Rechtsfrage sei.

Scheinbar hat der BGH doch eine wirtschaftliche Betrachtung angestellt und daher eine feinsinnige Unterscheidung vorgenommen: Auch wenn der Anspruch materiell-rechtlich nur den (ehemaligen) Organen zusteht, soll dem Versicherungsnehmer die Befugnis zustehen, den Anspruch eigenständig gegenüber dem Versicherer geltend zu machen (sog. Prozessstandschaft).

Die Regelung in den Versicherungsbedingungen, wonach der Anspruch grundsätzlich nur von den versicherten Personen geltend gemacht werden könne, diene den versicherten Personen. Sie sollten nicht von der Bereitschaft des Versicherungsnehmers, den Deckungsanspruch zu verfolgen, abhängig sein. Würde man aber als Folge dessen den Versicherungsnehmer auf den Weg verweisen, die versicherten Personen gerichtlich zu zwingen, eine Deckungsklage gegen den Versicherer zu erheben, müsste das Gericht hierbei auch prüfen, ob ein Anspruch des Versicherungsnehmers gegen die versicherte Person überhaupt besteht. Dieser Weg sei aber umständlich und zeitraubend, im Übrigen könnten hieraus im Folgeprozess Interessenkollisionen entstehen.

Daher hat der BGH aus der Sozialbindung der Haftpflichtversicherung gefolgert, dass bei Untätigkeit der versicherten Person eine vorweggenommene Deckungsklage des Versicherungsnehmers möglich ist. Schließlich sei in diesem Fall eine Kumulation von Anspruchstellern nicht zu besorgen.

Für die Praxis gilt es daher, stets zu prüfen, ob der Versicherungsnehmer selbst einen Anspruch gegen den Versicherer geltend machen kann. Der BGH hat im Zuge dessen darauf hingewiesen, dass dem Versicherer in diesem vorweggenommenen Deckungsprozess die Möglichkeit offensteht, Einwendungen gegen den Anspruch zu erheben (wie etwa wissentliches Handeln er versicherten Person), die im Ergebnis zum Untergang des Anspruchs führen.

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